Konrad-Adenauer-Stiftung und Altmarkkreis helfen mit Lesungen vor Jung und Alt, die Erinnerungen wachzuhalten

In zwei Veranstaltungen der Konrad-Adenauer-Stiftung und des Altmarkkreises Salzwedel ging es am Dienstag um das Thema „DDR-Mythos und Wirklichkeit: Warum wir das DDR-Unrecht nicht vergessen dürfen.“

Bereits am Vormittag berichteten Rolf-Dieter Weske (links) und Johann Rink den Schülern der Jeetze-Schule von Episoden aus ihrem Leben in der DDR.

Salzwedel l Vor genau 30 Jahren hörte die Deutsche Demokratische Republik (DDR) auf zu existieren. Am 3. Oktober 1990 war Deutschland wieder vereint. Drei Jahrzehnte, die vieles verblassen ließen und manchmal ein leicht verklärtes Bild auf die DDR erzeugen.

Die Erinnerung an praktizierte Unterdrückung, Bespitzelung und Verfolgung Andersdenkender soll wach gehalten und in das Bewusstsein junger Menschen gebracht werden. Das ist auch das Anliegen des Politischen Bildungsforums Sachsen-Anhalt der Konrad-Adenauer-Stiftung. Und so gab es zu dem wichtigen Thema am Dienstag gleich zwei Angebote, die der Altmarkkreis unterstützte: Bereits am Vormittag sprachen, moderiert von Stiftungsmitglied Anke Zacharias zu diesem Thema in der Aula der Jeetzeschule mit Johannes Rink und Rolf-Dieter Weske zwei Zeitzeugen zu Schülern der Schule. Zwei Männer, die unter der Willkür des Staates Unrecht erfuhren und gelitten hatten.

Schon das Wort „Demokratisch“ im Landesnamen sei eine Lüge gewesen, erklärte Johannes Rink den jungen Menschen. Denn wo es eine Diktatur, die des Proletariats, gäbe, könne keine Demokratie gelebt werden, ist der 79-Jährige überzeugt.

Auch die Existenz der Staatssicherheit (Stasi) belege, dass es mit der Demokratie in diesem Staat nicht weit her gewesen sein konnte. Denn die Stasi ermittelte ohne einen staatlichen Auftrag. Sie sperrte ein, ohne einen richterlichen Beschluss und sie verhörte ohne Anwesenheit eines Verteidigers für den angeblichen Delinquenten.

Rink wusste, wovon er sprach, denn als 20-Jähriger hatte er dieses am eigenen Leib erfahren müssen und auch später bekam er immer wieder die Macht des Staates zu spüren.

Am Dienstagabend waren Rolf-Dieter Weske und Johann Rink Gäste im Hanseat.
Fotos: Oliver Becker

Auch den Zuhörern am Abend im Hanseat gibt er mit seiner Erzählung einen Einblick in sein Leben. Er blickte zurück in das Jahr 1961, das Jahr des Berliner Mauerbaus. Zu dieser Zeit ist er Hochseefischer und hatte schon einige Länder der Welt gesehen. Als eine Instrukteurin der SED ihm und seinen Kollegen während einer Belegschaftsversammlung erklärte, dass die Mauer errichtet wurde, damit die Menschen aus dem anderen Teil Deutschlands die DDR nicht überrennen, weil sie dort besser leben können, platzte ihm der Kragen. Er brüllte sie an: „Das ist eine Lüge. Ihr wollt so verhindern, dass die Menschen nicht abhauen.“

Ein Tumult brach aus und die Seeleute verließen die Versammlung. Noch einmal ging er auf große Fahrt. Als er nach zwei Monaten zurückkehrte, wurde er verhaftet und inhaftiert. Nach sieben Monaten wird ein Urteil gesprochen, das für ihn vier Jahre Zuchthaus in Brandenburg bedeutet.

Mit Rink saßen schließlich auch Rolf-Dieter Weske und der Liedermacher Stephan Krawczyk auf der Bühne und geben ebenfalls Erinnerungen aus ihrem Leben preis.

Liedermacher Stephan Krawczyk hatte zu DDR-Zeiten Auftrittsverbot.

Rolf-Dieter Weske verbrachte, nachdem seine Eltern in den Westen geflüchtet waren, einen Großteil seiner Kindheit und Jugend im Kinder- und später auch in einem Spezialkinderheim. Das Schulabgangszeugnis war versehen mit einem Stempel des Spezialheimes und im Sozialversicherungsausweis prangte der des Jugendwerkhofes. Barrieren, die ihm später das Leben schwer machten, sodass er sich zu einer Republikflucht entschloss.

Diese missglückte und brachte ihm zweieinhalb Jahre Haft mit Zwangsarbeit in Schwarze Pumpe ein.

Und auch der Liedermacher Stephan Krawczyk machte seine eigenen Erfahrungen mit dem Rechtssystem der DDR. 1981 erhielt er noch für seine hervorragenden künstlerischen Leistungen den Hauptpreis beim DDR-Chansonwettbewerb, berichtete er. Nur wenige Jahre später wurde ihm die Spiellizenz aufgrund seiner politischen Lieder mit der Begründung aberkannt, dass ihm jegliche künstlerische Begabung fehle.

Selbst als er sich mit Texten von Brecht versuchte, wurde ihm der Auftritt untersagt. Aus seinem Mund würde selbst Brecht wie ein Staatsfeind klingen, lautete die Erklärung.

Er habe sich wie eine ständige Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die Stasi gefühlt, bekannte Krawcyk.

Am 2. Februar 1988 wurde er in die BRD abgeschoben. An die Zeit in der DDR erinnerte schließlich der erste Titel seines anschließenden Konzertes im Hanseat: „Mein Freund der Feind.

Von Oliver Becker VOLKSSTIMME

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