Salzwedel Von Jörg Schulze VOLKSSTIMME:

Die Schule soll die Kinder auf ihre Zukunft vorbereiten und sie fit für das Leben machen. Dazu muss sich allerdings auch die Schule wandeln, neue Wege gehen und neue Formen der Wissensvermittlung finden. Im Rahmen einer Podiumsdiskussion in der Jeetzeschule beschäftigten sich Eltern, Politiker, Lehrer und Schüler mit dieser Problematik. Eingeladen dazu hatte die Friedrich-Naumann-Stiftung.

Antje Pochte, Schulleiterin der Jeetzeschule, Staatssekretärin Eva Feußner und Moderator Lutz Franke (von links) während der Podiumsdiskussion. Foto: Jörg Schulz VOLKSSTIMME

Jährliche Klassenfahrten, reisende Schule, vernetzter Unterricht und Freiarbeiten – die Jeetzeschule in Salzwedel ist auf dem Weg zur Schule der Zukunft ein gutes Stück vorangekommen. „Das freut mich natürlich, doch leider ist diese Schule nicht repräsentativ für Sachsen-Anhalt“, stellte Marcus Faber, FDP-Bundestagsabgeordneter, nach dem Schulrundgang fest. Gemeinsam mit Eva Feußner, Staatssekretärin im Ministerium für Bildung des Landes, Antje Pochte, Leiterin der Jeetzeschule, Heike Herrmann, Leiterin der Lessing-Ganztagsschule, und Sven Schottenhamel, Vorsitzender des Kreiselternrates, diskutierte er über die Zukunft der Bildung im 21. Jahrhundert. Komplettiert wurde die Runde durch Marie Bode. Die Schülerin der 12. Klasse konnte von ihren Schulerfahrungen in England und Argentinien berichten.

Ende des Frontalunterrichts

Die eigentliche Herausforderung für die Schule bestehe im immer schnelleren Wandel der Gesellschaft sowie im immer schnelleren Anwachsen des menschlichen Wissens. Noch vor zehn Jahren hat es fünf bis sieben Jahre gedauert, bis sich das Wissen der Welt verdoppelt hat. Heute reichen dafür rund 700 Tage. Immer mehr Schulfächer in denen die Schüler immer mehr Fakten auswendig lernen, können daher nicht die Lösung sein, stellte Marcus Faber in seinem Referat fest. Dem Frontalunterricht, wie er in Sachsen-Anhalt noch immer Standard ist, erteilte er eine Absage.

Antje Pochte, Schulleiterin der Jeetzeschule, erklärt den Gästen das Schulkonzept.

Vielmehr setzt Faber auf sogenannte Future Skills. Dabei steht die Vermittlung von Kompetenzen im Vordergrund. Es geht um Motivation, innovatives Denken und die Fähigkeit der Schüler, aufbauend auf einem Grundwissen, sich selbst die Fakten zu erarbeiten, die zur Aufgabenlösung erforderlich sind.

Medienkompetenz ist das Schlüsselwort dazu, doch auch Werte wie Zuverlässigkeit und Ausdauer spielen eine Rolle. Doch wie weit gehen Grundwissen und Allgemeinbildung, wo beginnt die Spezialisierung?

Marcus Faber, Mitglied des Bundestages (FDP)

In England beginnt diese schon sehr frühzeitig, konnte Marie Bode aus eigener Erfahrung berichten. Wer sich im Gymnasium für ein Studium der Betriebswirtschaft entscheidet, kann Fächer wie Biologie oder Chemie abwählen. „Ein Hochbegabter in Sachen Naturwissenschaften muss kein Genie in Fremdsprachen sein“, pflichtete ihr Antje Pochte bei.

Frühe Wahl nimmt Chancen

Eine zu frühe Richtungswahl sieht Staatssekretärin Eva Feußner allerdings kritisch. Man nimmt den Schülern damit die Chance, ihre zu früh getroffene Entscheidung später zu überdenken.

Eine andere Art der Spezialisierung brachte Antje Pochte ins Gespräch. „Warum sollte sich ein Schüler nicht zunächst auf ein Fach konzentrieren, dieses abschließen und sich dann neuen Feldern zuwenden“, so ihr Ansatz.

Was interessiert mich besonders? Wo finde ich, was ich wissen muss um meine Aufgabe zu lösen? Wie will ich das Ergebnis präsentieren? In der Jeetzeschule haben die Kinder viele Freiräume um so zu lernen.

Die Umsetzung der neuen Ideen zur Bildung steht und fällt jedoch mit den entsprechend ausgebildeten und motivierten Lehrern. Und genau hier liegt das größte Problem. „In Sachsen-Anhalt liegt die Unterrichtsabdeckung bei 99 Prozent, bundesweit bei 103 Prozent. Zudem sind 80 Prozent der Lehrer im Land älter als 50 Jahre. Neue Formen der Wissensvermittlung sind da schwer umsetzbar“, ist sich Marcus Faber sicher.

Marcus Faber, FDP-Bundestagsabgeordneter, Heike Herrmann, Leiterin der Lessing-Ganztagsschule, und Sven Schottenhamel, Vorsitzender des Kreiselternrates und Marie Bode, Schülerin der 12. Klasse (von rechts nach links).

In Sachen Lehrerausbildung hat das Land bereits reagiert. Doch leider steht der ländliche Raum auf der Wunschliste der Pädagogen nicht ganz oben. „Werben Sie für ihre Region. Holen Sie junge Referendare an die Schulen. Oft entscheiden diese sich dann für eine Einrichtung, die sie bereits kennen“, legte die Staatssekretärin den Schulleitern an Herz. Als gelungenes Beispiel nannte sie das Projekt Gardelehrer.

Einig waren sich am Ende alle Teilnehmer darüber, dass sich die Bildung nicht an der Vergangenheit der Eltern, sondern an der Zukunft der Kinder orientieren sollte.

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