Schülerlegen altes Mosaik frei. Die Vorsitzende des Fördervereins entdeckt ein ähnliches Stein-Kunstwerk im Stadtwald nahe dem Lindenplatz. Originale Stücke sorgen unweit des Seeufers für Faszination.
#ARENDSEE. Der Gustav-Nagel-Förderverein möchte bekanntlich Seetempel, Grotte und Steg wieder aufbauen – so wie der Wanderprediger die Bauten einst schuf. Dafür, dass sich bereits vorher ein Besuch auf dem Areal am See lohnt, sorgen Jugendliche der Jeetze-Schule mit Arbeitseinsätzen regelmäßig. Und dabei machten sie jüngst eine Entdeckung.
Ein Mosaik im Bereich der früheren Grotte, also unterhalb des Tempels, war kaum noch zu erkennen. Es wurde mühevoll wieder freigelegt. Und darauf ist eine Sonne zu sehen. Wer sich mit dem Leben des Naturapostels beschäftigt, kommt dabei schnell auf sein Sonnenbad. Dieses entstand noch, bevor er das Areal direkt am Arendsee erwarb. Er pachtete dafür von einer Witwe eine Fläche im Wald nahe dem heutigen Lindenplatz. Und dort hat Antje Pochte, Leiterin der Jeetze-Schule und Vorsitzende des Fördervereins, beim Spaziergang eine Entdeckung gemacht. Und zwar eine weitere kunstvoll gestaltete Steinfläche mit einer Sonne.
Heimatforscherin Christine Meyer hat sich auch mit diesem Lebensabschnitt des Wanderpredigers beschäftigt und in ihrem Buch den Text von Nagels Antrag eingefügt. Der Naturapostel schrieb am 29. Juni 1903: „Bitte ergebenst um die Erlaubnis zum Betrieb eines Sonnenbades, worin Damen und Herren und Kinder in getrennten Zeitabschnitten baden können. Die Wirkung eines Sonnenbades verbunden mit Wasserbädern und Bewegungsspielen ist für die Gesundheit wie für die Sittlichkeit durch die Reinigung des Blutes von unschätzbaren Werte.“ Damals hatte er wohl noch einen besseren Stand bei der Verwaltung, denn anders als bei seinen späteren Bauten gab es wenige Tage später die Genehmigung. Das Sonnenbad war 20 Meter lang und 15 Meter breit. Eine dichte Bretterwand schützte die Gäste vor unliebsamen Blicken. In einem großen Behälter wurde das Wasser für die Duschanwendungen vorgehalten. Er wollte mit der Einrichtung andere Menschen von seiner natürlichen Lebensweise überzeugen – aber auch mit den Eintrittsgeldern die Familie ernähren.
Der gleiche Grundgedanke kam zudem auf dem späteren Areal zum Tragen. Und dort existieren noch einige originale Stücke. Dazu gehört unter anderem die Treppe, die einst zum Tempel führte, sowie das Steinensemble in der Mitte des Seemannsgrab. Bei Führungen fragen Gäste immer wieder, wie es konkret gebaut ist. Die Einfachheit von Nagels Lebensweise spiegelt sich dabei ebenso wieder. So nahm dieser für die Säulen Draht, der eigentlich für Behausungen von Kaninchen gedacht ist. Diesen bog er wie gewünscht und trug dann Zement vor allem mit einem Löffel auf. So entstanden seine individuellen Werke. Keines gleicht genau dem anderen.
Quelle: Die Volksstimme empfiehlt vom 31. Mai 2024 den Artikel Nagels Baugeheimnissen auf der Spur https://epaper.volksstimme.de/volksstimme/share/UEpDRjFJQzhtOGtIdU1aemp5UlhodTU1NEVrQWRwYlBPQm1DaWtQeEo4WGdQd09rRXFnT0F2N1phVmtlYWs4WHJqUHJIaktXQytNSFBsWCtuQ2J4S3hLL2V0Qy9zL1lHN3J6Q3NVbVNEcE9Wd2xFcXlNYmNIVFZ0dW11RHNBND0=?preview=true